Eine Besonderheit des Programms „Das fliegende Künstler:innenzimmer“ ist, dass es einen eigenen Raum „mitbringt“. Dieser ist ursprünglich so konzipiert worden, dass er von den Künstler:innen im Programm „Das fliegende Künstler:innenzimmer an Schulen“ gleichzeitig als Wohn-und Atelierraum genutzt werden kann.

Im Programm „Das fliegende Künster:innenzimmer im Quartier“ fungiert der Bau als reines Künstler:innen-Atelier sowie als Arbeits-, Lern- und Kreativort für alle Beteiligten. Als Begegnungsort für den Stadtteil werden dort an durchschnittlich drei Tagen pro Woche Angebote für das Quartier und Kooperationen mit lokalen Einrichtungen sowie offene Atelierzeiten von den dort ansässigen Künstler:innen angeboten. An den übrigen Wochentagen steht das FlieKü im Quartier dem Quartiersmanagement und weiteren Akteur:innen im Stadtteil zur Verfügung.

„Die Frage war, wie man einen Ort für Kunst schaffen kann, der „fliegt“, das heißt, der nicht dauerhaft an einem Ort fixiert ist, sondern wandert. Die Herausforderung war dabei, einen Bau zu entwickeln, der mobil ist, ohne dass das Mobile zum Selbstzeck wird, ohne dass er dem Klischee des fliegenden Baus entspricht. Daher war es essenziell, dass dies nicht die Form eines klassischen Containerbaus annimmt (wie bei den meisten schulischen Behelfsbauten), sondern trotz aller technischen Parameter ein eigenständiges architektonisches Vokabular entwickelt.“

(Prof. Nikolaus Hirsch, Architekt & Prof. Dr. Michel Müller, Architekten)


Die Architekten Prof. Nikolaus Hirsch und Prof. Dr. Michel Müller haben sich mit ihrem Entwurf der Herausforderung gestellt, diesen flexiblen Raum zu entwickeln. Die Ästhetik eines klassischen Künstler:innen-Ateliers hat beim Anfangsentwurf eine genauso wichtige Rolle gespielt wie die Möglichkeit, darin zu wohnen und den Gesamtraum gleichzeitig für verschiedene kreative Formate oder Arbeitssituationen flexibel und funktional nutzbar machen zu können.

Der ca. 7,50 x 11 Meter große Bau ist von außen an ursprünglich drei, mittlerweile zwei Seiten geschlossen und hat eine kleinteilige Holzschindelfassade, die bewusst den Maßstab des Gebäudes im Unklaren lässt. Im Inneren ist ein großzügiger, von oben natürlich belichteter Atelierraum entstanden, dessen lichte Höhe von bis zu 3,50 Metern über ein standardisiertes Containermaß hinausreicht und dadurch einmal mehr Atelieratmosphäre erzeugt.

Mit dem Beschluss der Crespo Foundation im Herbst 2021, das Programm „Das fliegende Künstler:innenzimmer“ um weitere Schul-Standorte sowie den Standort im Frankfurter Stadtteil Preungesheim zu erweitern, überarbeiteten die Architekten gemeinsam mit dem Designer Lukas Wegwerth ihren Anfangsentwurf von Grund auf, wobei die Basis-Struktur des Wohnmoduls und Atelier-Raums sowie die Holz- und Schindelästhetik beibehalten wurden. Auch wurden bei der Umsetzung Themen wie Barrierefreiheit, Nachhaltigkeit und eine neue Durchlässigkeit und Öffnung in den Außenraum durch Hinzufügen einer weiteren Türe nach hinten stärker berücksichtigt.

Visualisierung des fliegenden Künstler:innenzimmers auf dem Gravensteiner Platz in Preungesheim.
© Michel Müller

„Nachhaltig bauen bedeutet für mich unter anderem, dass wir lokale Ressourcen achtsam und sparsam einsetzen. Wie können wir mit dem, was wir vor Ort haben, sinnvoll und langlebig bauen? Dafür kann man im ländlichen Raum sehr viele Beispiele finden – hauptsächlich in Form von historischen Gebäuden. Es gibt also viel altes Wissen, das scheinbar in Vergessenheit geraten ist. Schindeln sind ein Beispiel hierfür: Sie sind ein hoch effizienter Schutz gegen Witterung. Sie sind sehr dünn, sodass sie schneller trocknen als ein Pilz sie angreifen kann. Es gibt viele ähnliche Beispiele, die zeigen, dass modernes langlebiges und verantwortliches Bauen auf historisches Wissen aufbauen, es anwenden und potenziell weiterentwickeln kann.“

(Lukas Wegwerth, Designer)