Die Architekten Prof. Nikolaus Hirsch und Prof. Dr. Michel Müller haben die Architektur des fliegenden Künstlerzimmers entwickelt und begleiten das Programm seit Anbeginn.

Crespo Foundation (CF): Wie habt ihr zur Form der Architektur gefunden?

Nikolaus Hirsch (NH) / Michel Müller (MM): Die Architektur des fliegenden Künstlerzimmers steht für uns in einer Reihe von Projekten, die wir im Laufe der vergangenen Jahre im Schnittpunkt von Wissensproduktion, Kunst und Architektur realisiert haben. Insbesondere unser Projekt Cybermohalla Hub, das wir mit Jugendlichen in New Delhi entwickelt haben und dann unter anderem auf der Manifesta 7 und im Louisiana Museum of Modern Art gezeigt haben, sowie „Do We Dream Under The Same Sky“, ein kuratierter Pavillon, den wir mit Rirkrit Tiravanija bei der Art Basel, in Aarhus Triennale und LUMA in Arles realisiert haben, haben unseren Ansatz für das fliegende Künstlerzimmer wesentlich beeinflusst. Was wir mitgenommen haben von diesen Projekten: eine Architektur zu schaffen, die sowohl dienend ist als auch in sich selbst eine gewisse architektonische Autonomie hat.

CF: Inwiefern hat die Mobilität des Formates die Gestaltung beeinflusst?

NH / MM: Die Frage war, wie man einen Ort für Kunst schaffen kann, der „fliegt“, das heißt, der nicht dauerhaft an einem Ort fixiert ist, sondern wandert. Die Herausforderung war dabei, einen Bau zu entwickeln, der mobil ist, ohne dass das Mobile zum Selbstzweck wird, ohne dass er dem Klischee des fliegenden Baus entspricht. Daher war es essenziell, dass dieser nicht die Form eines klassischen Containerbaus annimmt (wie bei den meisten schulischen Behelfsbauten), sondern trotz aller technischen Parameter ein eigenständiges architektonisches Vokabular entwickelt.

CF: Wie wirken sich die unterschiedlichen Standorte auf die Architektur aus?

NH / MM: Das fliegende Künstlerzimmer bleibt in seiner Grundstruktur unverändert. Doch die sich je nach Schuljahr ändernden Standorte schaff en immer wieder neue Kontexte. Ober-Ramstadt war ländlich, Preungesheim suburban. Dementsprechend denken wir immer wieder neu über Ausrichtungen, Wegebeziehungen, aber auch ganz pragmatische Parameter wie Infrastruktur für Strom und Wasser nach.

CF: Wie kann der Raum des fliegenden Künstlerzimmers individuell genutzt und belebt werden?

NH / MM: Das Künstlerzimmer ist ein Hybrid zwischen Klassenzimmer für den Kunstunterricht und individuellem Künstleratelier. Ein veränderbarer Raum mit robusten Holzwänden, offen für unterschiedlichste Interventionen. Das Konzept schließt einen Wohnbereich für die jeweilige Residency ein: Wie ein Guckkasten öffnet er sich zum Atelier. Alle Elemente wie Bett , Tisch und Küche können weggeklappt werden und somit einen Bühnen- und Projektionsraum schaffen.

CF: Wie hat sich das fliegende Künstlerzimmer seit dem ersten Prototyp verändert?

NH / MM: Vom ersten Prototyp bis zum jetzigen, u. a. für die documenta realisierten Bau sind immer wieder Verbesserungen vorgenommen worden. Zum einen hat sich die Konstruktion vom Modulbau hin zu einem Elementbau entwickelt. Das Gebäude wird zum Transport nicht mehr in vier Gebäudeteile, sondern in kleine Bauelemente zerlegt. Zum anderen wurden durch Vorhänge, Oberlichtverdunklungen und andere Maßnahmen immer wieder Anpassungen an die unterschiedlichen künstlerischen Formate vorgenommen. Das fliegende Künstlerzimmer bleibt nie gleich, sondern ist immer in Bewegung.

(Das Interview ist ein Auszug aus unserer FlieKü-Publikation.)